Anforderungsmanagement und FMEA

So passt es zusammen!

1. Zielsetzung (Warum?)
Die Verwendung einer FMEA zu einem späten Zeitpunkt erzeugt Zusatzaufwand hinsichtlich Testfallvalidierung und kann zu nachträglichen Änderungen von Anforderungen und damit zu Änderungen des Entwicklungsproduktes führen.

Daher propagieren wir folgende Ziele:

  1. Erstellung der FMEA parallel zum Anforderungsprozess (AM).
  2. Einbindung der Vermeidungsmaßnahmen der FMEA in das Anforderungsmanagement.
  3. Einbindung der Entdeckungsmaßnahmen der FMEA in die Erstellung von Testfällen.

2. Vorgehensweise (Wie?)
Konventionelles Vorgehen bei der Erstellung einer FMEA:
Nachteile:

  • Entdeckungsmaßnahmen der FMEA werden nicht in Testfälle eingepflegt.
  • Vermeidungsmaßnahmen der FMEA werden nicht zur Verfeinerung von Anforderungen verwendet.
  • Schwerwiegende Fehler/Risiken müssen über ein aufwendiges Änderungsmanagement eingesteuert werden.

requirements[/tooltip]/1.jpg“]Abb 1. Prozess AM FMEA - häufiger Prozess (Quelle: ESG GmbH)

Vorgehen: Einbindung der FMEA in den Anforderungsprozess
Anforderungen welche einen funktionalen Charakter haben werden in Funktionen umgewandelt.

Die Struktur- und Funktionsanalyse der FMEA wird erstellt. Dabei ist darauf zu achten, dass die Funktionen mit bestehenden Anforderungen abgeglichen werden.

Gemäß dem Ansatz der FMEA nach VDA werden nun die Fehlfunktionen abgeleitet. Aus den Fehlfunktionen und deren Ursachen werden entdeckungsbegleitende Vermeidungs- und Entdeckungsmaßnahmen entwickelt.

Vermeidungsmaßnahmen können Anforderungen beinhalten, welche entweder an das Produkt oder an den Prozess gerichtet sind. Diese neuen Anforderungen vervollständigen das Lasten- bzw. Pflichtenheft.

Entdeckungsmaßnahmen sind häufig Testfälle bzw. können zu diesen abgeleitet werden. Diese vervollständigen die Testfälle für das Produkt.

Untenstehende Abbildung (Abb. 2) zeigt die FMEA als Teil der Anforderungsentwicklung. Die FMEA dient zur Verifikation eines Anforderungssets.

Bezogen auf den Entwicklungsprozess ist in unterstehendem Bild (Abb. 3) der optimale zeitliche Verlauf hinsichtlich Erstellung einer FMEA in der Produktentwicklung dargestellt.

requirements[/tooltip]/2.jpg“]Abb. 2 FMEA im Anforderungsprozess (Quelle: ESG GmbH)

requirements[/tooltip]/3.jpg“]Abb. 3 AM/RM-Prozess mittels Integration der FMEA (Quelle: ESG GmbH)

Anwendungen und Beispiele:
Nehmen wir eine Kurbelwelle. Eine mögliche Anforderung einer Kurbelwelle könnte lauten: „Die Kurbelwelle muss die Pleuelkräfte in ein Moment von yyy Nm wandeln können“. Daraus kann man die Funktion „Translatorische Kräfte in Drehmoment wandeln“ ableiten.

Eine passende mögliche übergeordnete (Eltern-)Anforderung des Motors könnte lauten „Der Motor muss ein Moment von yyy Nm stellen können. Daraus kann man die Funktion „Drehmoment erzeugen“ ableiten.

Auf das Fahrzeug bezogen, wäre eine passende übergeordnete Anforderung „Das Fahrzeug muss an einer Steigung von 30% ruckelfrei anfahren können.“ Übertragen auf eine Funktion könnte diese lauten „Ruckelfrei anfahren“.

Dies abgebildet in einer FMEA ergibt folgende Struktur:

requirements[/tooltip]/4.jpg“]Abb. 4 Struktur in FMEA (stark vereinfacht); (Quelle: ESG GmbH)

Vermeidungsmaßnahmen: Eine Vermeidungsmaßnahme wie „Materialanforderungen (Festigkeit, Reinheit) sicherstellen“, ist wiederum eine Anforderung für die Kurbelwelle, welche es gilt zu prüfen, und in das Lastenheft zurückzuspielen.

requirements[/tooltip]/5.jpg“]Abb. 5 Vermeidungsmaßnahme im AM/FMEA-Prozess (Beispiel) (Quelle: ESG GmbH)

Entdeckungsmaßnahmen: Aus einer Entdeckungsmaßnahme wie „Materialprüfung der Kurbelwelle durchführen“ kann ein Testfall erstellt werden wie „Torsions- / Biegeprüfung durchführen“.

Testfälle welche darüber liegende Systeme (wie hier Motor bzw. Fahrzeug) abtesten sind zu überprüfen und ggf. anzupassen.

requirements[/tooltip]/6.jpg“]Abb. 6 Entdeckungsmaßnahme im AM/FMEA-Prozess (Beispiel) (Quelle: ESG GmbH)

3. Ergebnis
Die FMEA ist kein Tool zur Anforderungsentwicklung. Aufgrund deutlicher Parallelen kann die FMEA aber einen Top-Down Ansatz validieren, Anforderungen verfeinern und bei der Erstellung von Testfällen unterstützen.

Besonders wichtig ist hier, dass das Anforderungsmanagement mit der FMEA-Erstellung Hand-in-Hand arbeitet. Dem Nachteil eines etwas höheren Aufwandes steht eine komplette Durchgängigkeit der Anforderung, validiert mit dem Expertenteam, sowie eine Ableitung von Testfällen aus Entdeckungsmaßnahmen gegenüber. Fehler im

Lastenheft können so identifiziert, und Testfälle vervollständigt werden.